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Gottes ergebene Diener

Vision des Heiligen

Der erste christliche Märtyrer war Stephanus. Unzählige folgten ihm, indem sie um ihres Glaubens willen starben. Die Christen gingen von der Vorstellung aus, dass die Bluttaufe sie von den Sünden reinwasche und sie noch im Moment ihres Todes das Himmelreich erfahren würden. Dies bedeutete für überzeugte Christen die Erlösung. Trotz dieser Hoffnung, die sie trug, stand hinter jedem Martyrium der einzelne Mensch, der zum Teil unvorstellbaren Qualen ausgesetzt wurde, bevor er starb. Namen wie Paulus, Perpetua, Felicitas, Laurentius, Agatha, Apollonia stehen stellvertretend für Tausende von unbekannten Christen, die von den römischen Verfolgern ermordet wurden.

Erst mit der Anerkennung des Christentums als erlaubte Religion im Jahre 312 wurden die Verfolgungen allmählich eingestellt. Die Zahl der christlichen Märtyrer, die heidnischen Verfolgern zum Opfer fielen, nahm sprunghaft ab. Wunderwirkende Reliquien wurden knapp und waren heiß begehrt. Trotz allem starben die Märtyrer nicht aus. 1174 ließ der christliche König Henry II. Thomas Becket, den Erzbischof von Canterbury, ermorden. Drei Jahre später wurde dieser als Märtyrer heilig gesprochen. Bis zur Heiligsprechung Johanna von Orleans, die den Engländern als Hexe galt und von ihnen verbrannt wurde, vergingen dagegen rund 500 Jahre.

Zeitgenössische Märtyrer wie der polnische Priester Maximilian Kolbe, der 1982 heiliggesprochen wurde, lassen erkennen, dass es sich bei Märtyrern nicht etwa nur um historische Gestalten ohne Bezug zu unserem Leben handelt, sondern dass auch heute das Martyrium zur Gegenwart des Christentums zählt. Die Konzeption der katholischen Kirche für die Anerkennung des Martyriums passt sich der Zeit an: wurden in der Antike die Christen aufgrund ihrer Überzeugung getötet, so trat Pater Kolbe in Auschwitz an die Stelle eines anderen und gab sein Leben für das eines Familienvaters. Die Motivation ist dieselbe: die Imitatio Christi, die Nachfolge des Herrn; die Definition ist neu und zeitgemäß.

 

Aus: N24.de (Rubrik: Kultur, 2003)